
Dodekanes: Karpathos & Kos
Der Windsurftrainer Tom Brendt hat einen Reisebericht von den griechischen Inseln Karpathos und Kos mitgebracht.
Nach den Windsurfcamps auf Lanzarote, Teneriffa und Fuerteventura fahre ich wie seit über 15 Jahren zum Dodekanes um dort weitere Kurse abzuhalten. Genauer gesagt ging es zuerst nach Karpathos und dann über Rhodos in den Nordosten von Kos nach Psalidi.
Fühlte ich mich in den letzten Jahren ein wenig wie Bill Murray im Film "Täglich grüßt das Murmeltier" durch die immer gleiche Reiseroute, so sollte in diesem Jahr alles anders werden. Die verschiedenen Transportunternehmen, sei es auf dem Luft- oder auf dem Seeweg, hatten die Routen umgeplant, wodurch sich neue Zwischenstopps und eine deutlich längere Reisezeit ergaben. Auch die höheren Preise schafften das Potential für negative Gedanken. Tatsächlich war ich aber eher positiv gestimmt, endlich einmal etwas Anderes und Neues zu erleben und so konnte ich trotz längerer Anreise frisch in meine Clinics starten.

Karpathos
Besonders gespannt war ich auf Karpathos. In dem vielleicht besten Starkwindrevier der Ägäis hat der Wind bei meinen letzten beiden Aufenthalten etwas geschwächelt, was aber immer noch bedeutet, dass man dort mit 4.7 bis 5.3er Segeln ganz gut unterwegs war. Würde es dieses Jahr anders kommen?
Die Antwort war "Ja". Der Wind hat es dieses Jahr wirklich gut mit uns gemeint, zumindest aus meiner Sicht. Einigee mussten sich erst an die ganz kleinen 3er Segel gewöhnen, bevor genug Vertrauen entstand, um auch die ersten Sprünge und Manöver zu üben.

Ein Vorteil von der Gegend um Afiartis, dem Windsurfspot im Südosten von Karpathos ist, dass der Spot in drei Buchten unterteilt ist und man sich die jeweils vorteilhafteste Bucht für die nächsten Gewöhnungsschritte aussuchen kann.
Die unmittelbar am Flughafen liegende Chicken Bay eignet sich auch durch die geringe Stehtiefe sehr gut für Ein-und Aufsteiger oder zum Verbessern der Basistechniken an Leichtwindtagen.
Daneben befindet sich direkt vor dem wirklich toll angelegten ION CLUB die Gunbay. Hier kommt der Wind schon deutlich stärker an als noch in der Chicken Bay und das bei noch ziemlich flachem Wasser. Legt man direkt vor dem ION CLUB los und möchte nicht nach kurzer Gleitphase wieder umkehren, führt der Weg in die Devilsbay. Dort legt der Wind nochmal um einige Knoten Geschwindigkeit zu und das Wasser wird deutlich kabbeliger. Ausser man zieht ordentlich Höhe bis direkt vor das Meltemi Windsurfcenter, wo dann eine perfekte Flachwasserpiste wartet. Oder man startet eben direkt am Meltemi Center, für den unmittelbaren Flachwassergenuss.

Während der gesamten Clinic hat der Wind alles gegeben. Sechs Tage nonstop Wind sorgten nicht nur für immer müder werdende Muskeln, sondern auch für glückliche Gesichter. War der Glaube an den Starkwindspaß anfangs noch sehr begrenzt, wich die Skepsis mehr und mehr und man wurde das Gefühl nicht los, dass einige bei der Planung des nächsten Windsurftrips einen Blick auf die Starkwindreviere dieser Welt werfen würden.

Dauerbelüftung und müde Knochen führten allerdings auch dazu, dass wir ausnahmsweise den Minibus des Windsurfcenters und nicht wie sonst die Mountainbikes nutzten, um einen kleinen Teil der Insel zu erkunden und zu einem netten Sonnenuntergangsdinner in der Nähe von Arkasas an der Westküste zu gelangen.
Auch wenn die Mountainbiketour wirklich tolle Ausblicke bietet und der kleine Ort Menetes an sich schon einen Besuch wert ist, ist das nach einer solchen Woche eigentlich nebensächlich.
Sollte es doch einmal wider Erwarten zu dem ein oder anderen Flautentag kommen, lohnt sich ein Mietwagen auf jeden Fall um vor allem auch den Norden der Insel und die unzähligen kleinen Strände und Dörfer auf dem bergigen und kurvigen Weg dorthin zu erkunden.

Kos
Zeit für einen drastischen Tapetenwechsel. Mit der Fähre geht es über Rhodos, vorbei an der Starkwindszenerie vor Afiartis, auf das deutlich touristischere und vielleicht auch etwas vielfältigere Kos. Die Insel liegt direkt vor der türkischen Küste. Sie kann gleich mit mehreren Windsurfspots aufwarten. Die Flachwasserpiste Kefalos im Süden, dem Onshore-Spot Marmari im Norden und Psalidi im Nordosten, direkt gegenüber der türkischen Stadt Bodrum. Psalidi ist seit fast zwei Jahrzehnten meine Anlaufstelle für die Clinics. Nicht nur die Bedingungen, sideshore Wind von links mit Flachwasser in Ufernähe, leichte Dünungswelle und sehr schöne Rampen zum Springen weiter draußen, locken mich immer wieder hierher.

Vor allem die unglaublich nette und familiäre Atmosphäre im Big Blue Surfcenter und in den Seagull Appartments sind immer wieder eine Reise wert. Nimmt man dann noch die Nähe zu Kos City mit den unzähligen tollen Tavernen in der Umgebung hinzu, die man alle perfekt mit dem Fahrrad erreichen kann, fehlt eigentlich nichts mehr, um eine super Zeit zu haben. Außer Wind vielleicht. Wind wäre auch nicht schlecht.
Unwetter, Starkregen und Schneefall von Nordgriechenland über den Balkan bis nach Süddeutschland waren nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für einen guten Meltemi und so sahen die Vorhersagen nicht besonders positiv aus. Zum Glück kam alles anders.

Bereit für ein paar Leichtwindsessions ging es zum Strand von Psalidis. Hitze und Luftfeuchtigkeit waren zunächst enorm, doch kaum öffnete ich den Reißverschluss meines Boardbag, zog ein dunkler, mit Schaumkronen dekorierter Streifen in Richtung Big Blue Surfcenter. Ziemlich zügig lagen mein 5er Segel und das 95 Liter Board aufgeriggt vor mir und noch schneller flog ich wenig später über das herrlich blaue Wasser der Ägäis.
In den folgenden Tagen sollte sich dieses Spiel stetig wiederholen. Pünktlich nach dem Mittag zog der Wind um Kos Stadt, drehte um die Landzunge und sorgte für ziemlich gute Sessions. Pünktlich zum Start meiner Clinic nahm der Wind zunächst etwas den Fuß vom Gaspedal. Für meine Stammgäste und mich kam das nahezu perfekt. Hätte ich die Fähigkeit den Wind für eine Woche Training zu planen und zu bestimmen, würde ich es genauso machen, wie es schlussendlich kam. Tag für Tag steigerte sich der Wind. Ideal um an den Basics und Einzelschritten diverser Manöver zu arbeiten und feilen und das Gelernte dann immer weiter in die Gleitfahrten einzubauen. Zum Abschluß gab es dann noch Wind der mich wieder an Karpathos erinnerte.

Windtechnisch passte diese Woche so perfekt, das auch hier unsere alljährliche Mountainbiketour zur Inselerkundung gegen eine erhöhte Anzahl an Sessions auf dem Wasser eingetauscht wurde. Die abendlichen Fahrradtouren, bei teils immer noch strammem Gegenwind zu den Tavernen, sollten ausreichen was Umdrehungen der Pedalkurbeln anging. Nach Karpathos wußte auch Psalidi, wieder einmal, zu begeistern. Das familiäre Ambiente, wirklich gutes Essen und die tollen Leute haben sicherlich dafür gesorgt das nicht nur ich Jahrein Jahraus wiederkehren werde.

Infos Karpathos:
Beste Wind- und Reisezeit: Mai bis September
Anreise: Direktflug nur von München aus, sonst über Wien, Graz oder Amsterdam
Windsurfcenter Afiartis:
ION CLUB - Duotone Material
befindet sich in der Gun Bay und Chicken Bay
Meltemi Surfcenter - Fanatic / Tabou / Goya / Quatro / Gaastra / Duotone
befindet sich in der Chicken Bay und Devils Bay
Die Talassa Suites und Sofia Studios umrahmen den ION CLUB
Vom Bett aufs Brett ist Program
Restaurants:
Anemos Restaurant über dem ION CLUB
Taverne barba Minas zwischen Gun Bay und Chicken Bay
Diverse Mietwagenfirmen befinden sich in unmittelbarer Umgebung des Flughafens
Flughafen zum Spot: 2 Auto- oder 10 Gehminuten (direkt oberhalb der Chicken Bay)

Infos Psalidi / Kos
Beste Wind- und Reisezeit: Mai bis September
Anreise: Direktflug mit diversen Fluggesellschaften von den meisten deutschen Flughäfen aus.
Transferzeit vom Flughafen nach Psalidi: ca 35 Minuten
Das BIG BLUE Surfcenter befindet sich direkt vor dem Natura Park Village östlich von Kos Stadt und bietet WeONE / GUN / Duotone Material
Schräg gegenüber des Natura Park befinden sich die Seagull Appartments, eine sehr nette und familiäre Unterkunft
Von Psalidi aus erreicht man Kos Stadt und die unzähligen Tavernen, Cafes, Shops und Restaurants in knapp 15 Minuten mit dem Fahrrad
11.10.2024 © DAILY DOSE | Text: Tom Brendt | Fotos/Grafiken: Tom Brendt
