Woife Strasser

Interview: Woife Strasser

Vollgas mit 58 trotz Krankheit

Der 58-jährige Woife Strasser ist vielen als Freestyler und Autor von Reiseberichten bekannt. Auch in den Quick Pics auf DAILY DOSE beteiligt er sich regelmäßig. Vor einigen Jahren haben wir einen Artikel über ihn veröffentlicht, in der auch seine Krankheit thematisiert wurde. Seine Knochentumore wurden in einer mittlerweile unfassbaren Anzahl von Operationen behandelt. Umso unglaublicher ist es, auf welchem Niveau er immer noch surft.

Hallo Woife, wie geht es Dir momentan mit Deiner Krankheit?
Wie im Leben ist das ein Auf und Ab. Ich leide ja seit Jahren an einigen Knochentumoren und es gibt Phasen wo es schlechter ist. Im Winter, wenn es kalt ist, mit wechselhaftem Wetter, stecke ich das mit meinen "jungen" 58 Jahren nicht mehr so leicht weg. Es gibt immer wieder Phasen, stunden- oder tageweise, wo ich denke, daß alle Knochen gebrochen sind. So wie es kommt, verschwindet es auch wieder. In diesen Zeiten setze ich mir ein Ziel, auf das ich hinarbeite, für das ich alles tue: im Sommer drei Monate nach Kreta zu reisen.

Pirovac in Dalmatien
Pirovac in Dalmatien

Du warst und bist immer viel auf Achse. Wieviele Kilometer legst Du pro Jahr für das Windsurfen zurück und in welchem Ländern warst Du 2024/25?
Ich habe ca. 150-180 Windsurftage im Jahr. Da der Chiemsee leider nicht mehr so mit Wind gesegnet ist, bleibt mir leider nichts anderes übrig, als zu reisen. Vor fünfeinhalb Jahren haben wir uns einen Bus gekauft, der nun 81000 km drauf hat; also im Jahr kommen da so 14000 km zusammen, hauptsächlich für längere Trips.

Auf Tagesfahrten wie Walchensee, Kochelsee verzichte ich mittlerweile, da die Kosten und der Aufwand für evtl. Wind, zu groß sind (45 Euro Kosten und ein ganzer Tag für evtl. 1,5 Stunden Windsurfen). Ich bin in der glücklichen Lage, keinem Fulltime Job nachzugehen und kann somit spontan länger verreisen. Die Länder waren Italien, Kroatien, Österreich und Griechenland.

li. Feierabendbier auf Kreta, re. Lago di Cavazzo
links: Feierabendbier auf Kreta, rechts: Lago di Cavazzo

Hast Du momentan ein Lieblingsland oder einen Lieblingsspot?
Ja, das ist definitiv die Insel Kreta, eigentlich schon ein eigener Kontinent. Wir haben immer noch Bezug zu dieser Insel, da wir dort eine Wassersportstation hatten. Bei einer Küstenlänge von 1700 Kilometern gibt es immer wieder etwas zu entdecken.

Seit sieben Sommern fahre ich dorthin und finde neue Windsurfspots, lerne viele Einheimische kennen. Ich bin stolz darauf, daß mich die Locals in den Dörfern dort als Einheimischen betrachten, mir einen griechischen Vornamen gegeben haben. Es erinnert mich an meine Kindheit in meinem Dorf, wo die Leute noch zusammenkamen und viel zu lachen hatten, obwohl es Krisen gab.

Immer wieder zieht es Woife nach Kreta.
Immer wieder zieht es Woife nach Kreta.

Du bekommst, obwohl du keine Wettbewerbe fährst, Material von einigen Sponsoren. Wie kommt das zustande?
Als ich damals aus Griechenland wieder in die Heimat kam, war mein erster Sponsor das Windsurf- und Sportgeschäft Windsurfing Chiemsee Sport Mayer. Dort war ich Shop-Teamfahrer und somit bin ich dann beim Starboard-Severne-Importeur APM in Wolfratshausen gelandet. Der Kontakt vor über zehn Jahren zu Sailloft Hamburg kam durch den Freestyler Adi Beholz zustande, der mich damals kontaktierte, weil er nach Surfspots auf Sardinien suchte. Er war Teamfahrer im norddeutschen Raum für Sailloft, aber im süddeutschen Raum war niemand vertreten. So bekam ich die Chance.

Man fängt an mit Rabatten, dann kamen meine Reiseberichte, Spotguides über meist unbekannte Windsurfspots in Europa im Surf Magazin, Berichte, Fotos in Online-Plattformen wie Daily Dose, bei lokalen TV-Sendern oder Zeitschriften.

Das Gleiche geschah mit Timm von Maui Ultrafins in Flensburg, auch schon seit über zehn Jahren, der gemerkt hat, daß ich an den verschiedenen Spots präsent bin, mit den Windsurfern rede. Das ist meiner Ansicht nach in der Windsurfing Branche mehr wert, als das ich 14. in einem Contest wäre. Auf gut Deutsch, die Leute können etwas ausprobieren, man kann darüber reden und Tipps geben.

Vor fünf Jahren bekam ich Unterstützung von Aurelio Verdi Boards, die ich nach wie vor durch den Welt-Distributor BAM Bastide Hervé aus Frankreich bekomme. Somit bin ich froh und glücklich, daß ich +/- O im Jahr Materialeinsatz habe.

Frühjahr am Robinger See
Frühjahr am Robinger See

Was ist Deine Motivation auf so hohem Level zu windsurfen?
Windsurfen macht erstens den Kopf frei, zweitens trotz gesundheitlicher Angeschlagenheit habe ich schon immer extrem Sport betrieben und drittens ist Sport für mich das Gesundheitselixir für Körper und Geist. Windsurfen ist nie gleich und wenn Du denkst Du kannst etwas, dann ist es beim nächsten Mal wieder anders. Es ist nie endend.

Eine Kaltfront zieht durch.
Eine Kaltfront zieht durch.

Du fährst viel Freestyle. Trainierst du gerade einen neuen Move?
Die Zeit, daß ich gezielt an einem Manöver wochenlang übe, ist schon seit einigen Jahren vorbei. Ich probiere neue Moves, aber nicht verbissen, denn ich möchte Spaß auf dem Wasser haben. Ich habe gemerkt, daß ständiges Üben an einem Move am Ende des Tages oftmals frustrierend war und das sollte nicht das Ziel sein.

...und wieder Kreta
...und wieder Kreta

Was steht für 2025 noch auf dem Programm, worauf freust Du dich besonders?
Ende Mai hat meine Frau ein paar Tage frei, da werden wir uns wieder treiben lassen. Da ist zwar das Surf Festival auf Fehmarn, aber das sind für uns schon über 400 Euro Spritkosten und im Stau stehen, da ist für uns die Fahrt ans Meer nach Italien oder Kroatien von Süddeutschland aus die günstigere und wärmere Option. Von Mitte Juni bis Mitte September geht es wieder auf die langersehnte Reise nach Kreta. Im Winter gibt es noch einige Kurztrips nach Kroatien oder die Adria, wenn wir hier am Chiemsee schon wieder frieren, alles falls wir gesund und glücklich (damit) sind.

06.05.2025 © DAILY DOSE  |  Text: Christian Tillmanns  |  Fotos/Grafiken: Carola, Woife Strasser