Windsurf-Reise Südafrika

Windsurf-Reise Südafrika

Die Windsurf-Buddies Florian Luther und Chris Hafer waren mal wieder unterwegs. Diesmal haben sie sich die Breaks in Südafrika vorgenommen.

In jedem Jahr ist am 24.12. Weihnachten, das ist sicher. Ändert sich nicht. Genau wie am 31.12. immer Silvester ist. Nicht ganz so unveränderlich, aber zumindest schon mit Status „gute alte Tradition“ ist die jährliche Winterflucht im Februar nach Kapstadt. Genau dann, wenn man hier einfach nur noch des Regens und des grauen Wetters bei ekligen Temperaturen überdrüssig ist, sind 11 Flugstunden und Sonnenschein an der Südspitze Afrikas ein verlockender Gedanke. Und wenn man diesen umsetzt und in strahlendem Sonnenschein sein Surfmaterial auf den Mietwagen schnallt, spätestens dann kneift man sich, um sich zu vergewissern, dass man wirklich angekommen ist.

Ansonsten gilt bei Windsurf-Trips nach Kapstadt häufig „the same procedure as last year“. Denn insgesamt ändert sich relativ wenig. Die Spots sind immer dieselben, die nahezu unerschöpflichen Möglichkeiten, windlose Tage mit Alternativprogramm zu verbringen, haben wir mittlerweile auch zum Großteil schon mal ausprobiert und so stellt sich bald nach Ankunft eine herrliche Routine ein, die es einem leicht macht, das Beste aus der Zeit am Kap herauszuholen. Klingt gelangweilt, ist es aber keinesfalls. Eher eine Art Wohlfühgefühl. Denn dennoch ist jeder Trip in die „Mother City“ immer wieder aufregend, spannend, und irgendwie anders als beim letzten Mal. Und so war auch der Winter 2025 besonders. Etwas anders. Und… richtig gut!

Chris Hafer, mal vor, mal hinter der Kamera
Chris Hafer, mal vor, mal hinter der Kamera

Windsurf-Statistik: 18/21 = 86%

Der Februar 2024 war in Kapstadt aus Windsurfersicht eher durchwachsen. Zwar gab es viele Tage mit wenig Wind für die größten Segel in Side-Offshore-Bedingungen, echte „Wobble & Ride“-Bedingungen, teilweise auch mit beeindruckend großen Wellen, aber die klassischen Kapstadt-Tage mit dem 3,7er in Melkbos, mit nuklearem Druck am Kap oder mit fliegendem Wasser am Sunset Beach waren irgendwie ausgeblieben.

2025 gab es im Januar wohl eine ähnliche Phase, aber Anfang Februar drehte der Cape Doctor, wie der vorherrschende South Easter genannt wird, so richtig auf. Und das Beste: Es war wieder wie früher, vor ca. 20 Jahren, als Flo das erste Mal in Kapstadt war: Der Wind begann häufig schon am Vormittag und erlaubte manchmal sogar sehr frühe Sessions noch vor dem Frühstück am Sunset Beach. Besonders positiv war die Windausbeute in der Big Bay. Teilweise konnte man schon früh am Morgen, dann noch entspannt (weil leer) windsurfen gehen. Das änderte sich dann oft im Tagesverlauf, wenn Windsurfer, Surfer, Kiter und Winger teilweise rücksichtslos die ohnehin schon durch Felsen eingegrenzte und enge Bucht in einen Hindernisparcours vom Feinsten verwandelten. Einer der Gründe, warum sich an einigen wenigen Spots die Wassersportler ballten und teilweise über den Haufen fuhren, war unter anderem die zweifelhafte Wasserqualität an den eigentlich üblichen Spots und um den Sunset Beach. Bereits am Strand rümpfte man die Nase, und gefühlt ist eine Kläranlage in Deutschland geruchsneutraler als das, was man auf dem Wasser zu riechen bekam. Grund dafür ist die Einleitung von Schmutzwasser im Bereich Milnerton, über die Lagune, wo selbst Seevögel inzwischen in der Brühe verenden, wie man uns in der Pinguin-Aufzucht-Station erzählte.

Flo Luther testet die Wellenqualität fachkundig.
Flo Luther testet die Wellenqualität fachkundig. Flo trägt auf dem Bild links oben übrigens ein DAILY-DOSE-Shirt. Link: dailydose.myspreadshop.de

Aber zum Glück kann man im Zweifel problemlos in Richtung Big Bay und / oder Melkbos ausweichen. Über den Tag wurden die Tablecloth, die Wolken über dem Tafelberg, oftmals immer mächtiger und schienen, die Stadt unter sich begraben zu wollen, während der Cape Doctor immer mehr zulegte, sodass man sich in der Regel immer weiter in Richtung Norden orientierte, um nicht irgendwann mit den kleinsten Segeln am Sunset Beach wegzufliegen. An mehreren Tagen erreichte der Wind sogar echte Sturmstärke, sodass Chris zum ersten Mal seit Jahren sein 3,7er Segel vermisste und Flo seinem 3,4er an mindestens drei Tagen nachtrauerte.

Unsere kleinsten Segel hatten wir aufgrund der Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr zuhause gelassen, nach dem Motto „brauchen wir ja eh nicht“. Wir hatten sogar vielmehr darüber nachgedacht, noch große Waveboards mitzunehmen… die wären aber wohl mehr oder weniger unbenutzt wieder nach Hause geflogen. Jedenfalls hatte Flo eine der besten Sundowner-Sessions des ganzen Trips, als er sich von Caro Weber (vielen Dank noch mal!) ein 3,3er Segel ausleihen und zwei Stunden lang in der nahezu leeren Big Bay so richtig austoben konnte, während die meisten anderen Windsurfer aufgrund zu großer Segel frühzeitig einpacken mussten. Ein kleiner Traum…

An vielen Tagen waren in diesem Jahr sogar drei Sessions an unterschiedlichen Spots drin, und wer bei schwächelndem Cape Doctor auch mal ein wenig Fahrtzeit in Kauf nahm, um nach Paternoster, Yzerfontain oder ans Kap auszuweichen, der konnte auf absolute Traum-Quoten in der Windsurf-Statistik kommen. In zwei bis fünf Wochen gab es gerade mal drei Tage ohne Wind, bzw. an einem Tag hätte man aufs Wasser gehen können, aber der Atlantik war „flat as a pancake“, sodass wir es vorzogen, die geschundenen Körper für die nächsten Highwind-Sessions mit Welle zu schonen. Was für ein Luxus - und was für eine fantastische Zeit am Kap.

Windsurf-Reise Südafrika

Kilometer: 2.356

Windsurfen ist oft Motorsport. Das war dieses Jahr an einigen Tagen auch in Kapstadt so. Immer mal wieder war entweder im Norden Wind und Swell, also in der Region um Paternoster, oder im Süden, am Kap. Das bedeutet dann jeweils 1-1,5 h Fahrtzeit, wobei es in den Norden wesentlich einfacher zu fahren war als in Richtung Kap der Guten Hoffnung, da der Verkehr in und um Kapstadt wie in jeder Großstadt einfach zu viel ist. Im Berufsverkehr braucht man manchmal dreimal so lange wie sonst, was gerade bei Aussicht auf eine gute Windsurfsession zur perfekten Tide für einen besonderen Spot ganz schön nerven kann. Insgesamt haben wir aber in diesem Jahr wesentlich weniger Zeit im Auto verbracht als im vergangenen Jahr, was auch ein Zeichen für eine stabilere Phase des South Easter Windes ist.

Viel Fahrerei gehört bei der Spotsuche dazu.
Viel Fahrerei gehört bei der Spotsuche dazu.

Fine Dining Restaurants: Plus X

Nirgendwo sonst ist, zumindest nach unserer Erfahrung, die Dichte an Restaurants auf absolutem Top-Niveau so hoch wie in der Kap-Region. Beinahe jedes Weingut (siehe nächster Punkt) bietet ein Restaurant in gediegener Atmosphäre, dazu kommt eine gute Handvoll weiterer Sterne-trächtiger Gourmet-Tempel, sowohl in der Weinregion als auch in und um Kapstadt herum. Beispielsweise bei Tripadvisor findet man die besten Adressen relativ leicht. Bei den edleren Restaurants empfiehlt sich eine frühzeitige Reservierung, denn das für uns unschlagbare Preis-Leistungs-Verhältnis hat sich längst rumgesprochen. Aufgrund des für Europäer sehr günstigen Wechselkurses kann man hier wirklich Schlemmen und Genießen zu einem Bruchteil der Preise, die man dafür zuhause zahlen müsste. Auch Kapstadt selbst zeigte sich in der Innenstadt in bestimmten Bereichen positiv sauber und gefühlt sicherer als noch in 2024, mit einer tollen und entspannten Kneipen-, Restaurant- und Barszene, inklusive einer ganzen Reihe von Events…

Die reiche Seite: Fine Dining und Weingüter
Die reiche Seite: Fine Dining und Weingüter

Weingüter: Unendlich…

Da haben wir irgendwann aufgehört zu zählen oder den Überblick verloren… Zu groß ist einfach die Auswahl an Weingütern rund um Kapstadt, speziell in der Region Stellenbosch und Franschhoek. Schon Napoleon ließ sich den Wein aus Constantia selbst in sein Exil nach Elba importieren. Böse Zungen behaupten, die Engländer hätten ihn durch Zugabe nicht gerade gesundheitsförderlicher Mittel in seinen Wein endgültig von der Weltbühne beseitigt. Aber aktuell kann man dem Wein aus der Kap-Region nur beste Qualität bescheinigen und gesundheitliche Schäden waren bislang nicht festzustellen. Man sagt ja auch, dass ein Glas Wein das Leben verlängert… dann müsste ja, bei zwei bis drei Gläsern… wie dem auch sei. Definitiv sind viele Weingüter selbst für Leute, die keinen Wein mögen, einen Besuch wert. Das Ambiente der penibel gepflegten Gärten und der im Kap-holländischen Stil erbauten alten Herrenhäuser ist in jedem Fall etwas Besonderes.

Südafrika fasziniert auch durch die Natur.
Südafrika fasziniert auch durch die Natur.

Wanderungen: 2

Die Besteigung des Tafelberges ist nicht gerade eine hochalpine Expedition. Aber anstrengend ist sie trotzdem, auch abhängig von der gewählten Route. Vor allem, wenn man sich zu spät an den Aufstieg macht und die Sonne den Berg gut erhitzt… also lieber getreu dem alten Wanderlied „Im Frühtau zu Berge wir ziehen fallera…“. Alternativ bietet auch das Hinterland eine ganze Reihe von wirklich schönen Optionen, mit einsamen Wanderrouten durch Bachbetten bis zu Pools unter Wasserfällen, inklusive Badeoption. Die bekannten Wander-Apps sowie spezielle Wanderkarten der Kapregion können helfen, um gerade windarme Tage mit wirklich schönen Wanderungen zu verbringen.

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Wale: 4

Ok, wir sprechen jetzt nicht von einem leicht übergewichtigen Windsurfer oder Strandbesucher. Sondern von richtigen Walen, so in 18 m Ausführung. Diese Giganten der Meere, in unserem Fall die sogenannten „Southern Right Whales“, die früher besonders Ziele der Walfänger waren, kann man mit Glück schon bei einer etwa 2-stündigen „Eco-Bootssafari“ sehen, nur wenige Bootsminuten vor der Waterfront Kapstadts, nachdem man auf dem Weg bereits direkt vor der Standpromenade zahllosen verspielten Delphinen und Pinguinen begegnen kann. Es ist schon sehr beeindruckend, diese Giganten der Meere aus der Nähe zu sehen und zu hören, wenn sie ausblasen und hohe Fontänen in den Himmel pusten. Alternativ, mit etwas Glück, kann man die Wale manchmal auch direkt von den Surfstränden aus beobachten, und dann sollte man sich schon gut überlegen, wo man seine Halse ansetzt….

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Regentage: 0

Gut, Die Tatsache, dass es in Kapstadt wenig regnet, lässt sich bereits den einschlägigen Statistiken entnehmen. Woran man eher merkt, dass es auf der Südhalbkugel Ende Februar langsam Herbst wird, ist der häufiger aufkommende Seenebel, der manchmal den Tafelberg verschwinden lässt und die Sicht auf 10-20 m beschränkt. Nur das Tuten der Nebelhörner der vor Anker liegenden Containerschiffe klingt durch die wabernden Nebelschwaden hindurch. Fährt man dann ein Stück die Küste entlang, kann es passieren, dass man sich urplötzlich und wie auf Knopfdruck in der Sonne wiederfindet - mit Blick auf eine solide Nebelwand, aus der nur oben die Spitze der Hochhäuser oder die Brücke eines Containerschiffes herausragt…

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Loadshedding: 2

Eines der größeren Probleme der letzten Jahre in Kapstadt war das sogenannte Loadshedding. Mangels verfügbarer Elektrizität werden dabei planmäßig einzelne Stadtbezirke vom Stromnetz genommen, damit die marode Stromversorgung nicht komplett zusammenbricht. Marode, weil aufgrund von Misswirtschaft und Korruption die Kraftwerke entweder nicht die geplante Leistung bringen oder gar ganz defekt sind. Insbesondere das nördlich von Kapstadt gelegene Atomkraftwerk hat wohl aufgrund weitestgehend ausgebrannter Brennstäbe massive Probleme. Die Situation scheint sich aber im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert zu haben. Zwar haben alle, die es sich leisten können oder müssen, wie etwa Restaurants, entweder Hilfsgeneratoren oder Solaranlagen mit Speichern, aber auch die Lage in der Energieversorgung ist besser geworden. Man hat wohl weitere Kohlekraftwerke ans Netz gebracht, wodurch eine bessere Versorgung sichergestellt wird (was natürlich zulasten der Umwelt geht). Erst gegen Ende unseres Aufenthaltes kam es zu zwei planmäßigen Abschaltungen in unserer Wohngegend zwischen Table View und der Big Bay, was aber durchaus verschmerzbar war. Insgesamt erschien uns die verbesserte Lage diesbezüglich wie ein kleiner Hoffnungsschimmer mit Blick auf die soziale und politische Gesamtsituation im Land.

Armut und Reichtum liegen in Südafrika dicht beieinander. Was ist der richtige Weg für Touristen, damit umzugehen?
Armut und Reichtum liegen in Südafrika dicht beieinander. Was ist der richtige Weg für Touristen, damit umzugehen?

Sicherheitsgefühl, Sauberkeit und Armut

Drei Themen, die natürlich sehr stark miteinander zusammenhängen… Positiv aufgefallen ist uns, das Kapstadt selbst einen wesentlich aufgeräumteren Eindruck machte als vor einem Jahr. Ziemlich alle sogenannten „illegal Settlements“, zumeist aus Plastikplanen und Kartons bestehende Unterkünfte inmitten von Müllbergen, die einen im letzten Jahr selbst in der Innenstadt und an Touri-Hotspots wie dem Castle die Autotüren verriegeln und rote Ampeln ignorieren ließen, waren in diesem Jahr verschwunden. Angeblich wurde zumindest einem Teil der betroffenen Bewohner alternative Unterkünfte am Rand der Stadt zugewiesen. „Sozialer Wohnungsbau“ ist sicherlich ein zu großes Wort hierfür, aber zumindest scheint sich und er Richtung ein bisschen das zu bewegen. Klar ist aber gleichzeitig auch, dass sich das Problem teilweise nur verlagert hat. Dies wird schnell sichtbar, wenn man etwa mit dem Zug zum Elgin Railway-Market fährt, mitten durch Gegenden, in denen die Kühe bei den wohlhabenderen Familien im Innenbereich der Wellblechhütte steht und die Kinder barfuß im Müll spielen und betteln, wenn der Zug vorbeifährt…nirgendwo sonst haben wir einen größeren Kontrast zwischen der Welt der Reichen und Schönen und der blanken Armut der unteren Schicht gesehen…

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Magenprobleme: 1

Ob es am Wasser am Sunset Beach oder unsauberen Eiswürfeln im Getränk gelegen hat, bleibt unklar. Jedenfalls erwischte es Flo dieses Mal, allerdings nur kurz, dafür recht heftig. Innerhalb weniger Stunden war er plötzlich nur noch ein Schatten seiner selbst und bewegte sich nur noch zwischen Toilette und Bett hin und her. Und das sehr häufig. Doch was schnell kommt, verschwindet oft auch schnell wieder, und so war er am folgenden Morgen schon wieder als Sherpa im Einsatz und schleppte den vollbepackten Rucksack bei der Besteigung des Tafelbergs nach oben. Vielleicht war der Aufstieg auch einfacher für ihn, weil er nach dem Tag Auszeit ja auch ein paar Kilo leichter war als vorher… wer weiß. Außerdem hatte er Glück im Unglück: Der Tag, den er im Bett verbringen musste, war netterweise einer der wenigen windstillen Tage. Also alles halb so wild…

Alles in allem können wir nur sagen: „The same procedure as last year“ - und das im allerbesten Sinne. Auch wenn sich die sozialen und politischen Themen weder wegdiskutieren noch ignorieren lassen, war der Februar in Kapstadt in diesem Jahr ein absoluter Knaller und für uns der perfekte Auftakt in die Windsurfsaison 2025.

10.05.2025 © DAILY DOSE  |  Text: Chris Hafer, Florian Luther  |  Fotos/Grafiken: Chris Hafer, Florian Luther