Droht Stück für Stück das Surfverbot?
Freiwillige Regelung soll Verbote verhindern
Regionale Befahrensverbote oder gar komplette Verbote einzelner Wassersportarten stehen immer wieder auf der politischen Agenda. Große Teile der Küstengewässer sind jetzt schon als Schutzgebiete ausgewiesen. Wie ist der aktuelle Stand? Wie sollen Windsurfer sich verhalten?
Eigentlich wollten wir euch mit diesem Artikel einen einfachen Leitfaden für die Ostsee an die Hand geben, um über das 'freiwillige Windsurfverbot' in Vogelschutzgebieten während der Wintermonate aufzuklären.
Was sind Vogelschutzgebiete? Wo liegen diese Zonen? Wann und warum darf/sollte man dort nicht Windsurfen? Woher erhalte ich Informationen zum aktuellen Status?
Mit zunehmender Recherchetiefe stieg dann aber die Komplexität des Unterfangens. Teilweise überlagern sich Schutzgebiete, meistens ergänzen sie sich. Wer wie wir versucht, die Schutzgebiete auf einer Karte zu kombinieren erhält einen erstaunlich flächendeckenden Bereich, bei dem Nutzungseinschränkungen jetzt schon gegeben sind, oder in Zukunft, bedingt durch den Gebietsstatus als Schutzgebiet, möglich sind.
Schutzgebiete: Der aktuelle Stand
Dass Natur schützenswert und schutzbedürftig ist, steht im Rahmen immer weiter sinkender Artenvielfalt außer Frage.
Dementsprechend groß ist jetzt schon die Fläche von Schutzgebieten. Ein Blick auf unsere Karte 1 zeigt aber, dass beispielsweise bereits weite Teile der deutschen Küsten in irgendeiner Form als Schutzgebiete ausgewiesen sind. Komplexität erhält das Thema durch ein Gemisch an europäischen Schutzzonen und nationalen Schutzzonen mit unterschiedlichsten Regelungen.
Welche Auswirkung haben die Schutzgebiete für Windsurfer?
Ein Schutzgebiet zieht nicht automatisch ein Verbot nach sich. Grundsätzlich ist Windsurfen erlaubt und Verbote stellen die Ausnahme von dieser Regel dar.
Allerdings: Ein Verbot bestimmter Aktivitäten ist aber immer dann wahrscheinlich, wenn sich zeigt, dass die Schutzwirkung des Gebietes nicht mehr sichergestellt werden kann. In Deutschland sind 45% der marinen Fläche als Europäisches Natura 2000 Schutzgebiet (Stand 2013) gemeldet. Sollte bei der EU Prüfung festgestellt werden, dass die zuständigen Länder den Schutz nicht wirkungsvoll umsetzen, so kann dagegen geklagt werden und dies kann zu weiteren Nutzungsverboten führen.
Dies bedeutet: Für die meisten Küstenbereiche sind Befahrensverbote oder Einschränkungen möglich. Sehr viele Abschnitte sind bereits als Schutzgebiete ausgewiesen, obwohl zum Beispiel die Küstengewässer allgemein als Bundeswasserstraße gelten.
Einen interaktiver Überblick über die Schutzgebiete der BRD ist über diesen Link möglich: geodienste.bfn.de/schutzgebiete?lang=de.
Befahrensregeln und Einschränkungen können hier recherchiert werden: www.elwis.de ("Befahrensregeln" in das Suchfeld eintragen.)
Was ist mit den großräumigen Vogelschutzgebieten der Ostsee?
Im Herbst 2016 hat der DSV (Deutscher Segler Verband) eineVereinbarung mit dem Schleswig Holsteinischen Umweltministerium geschlossen, die eine freiwillige Befahrensregelung der europäischen Vogelschutzgebiete der Ostsee definiert. Die freiwillige Regelung gilt bis 2025 und soll grundsätzliche Verbote verhindern helfen. Absolut untersagt ist Windsurfen ausschließlich in den Sperrzonen! Generell ist das Windsurfen (momentan) auch in den betroffenen Vogelschutzgebieten erlaubt.
Der DSV rät zu folgendem Verhalten:
Auch wenn auf der Karte von Fischerleben Gebiete als grün gekennzeichnet sind, sollten sie bei Sichtung von größeren Vogelansammlungen unbedingt gemieden werden.
Umgekehrt gilt: Auch wenn auf der Karte eine Region im Ampelsystem als rot gekennzeichnet ist, kann dort gefahren werden, wenn keine größeren Vogelgruppen sichtbar sind.
Generell gilt:
Wenn Wassersportler in rastende Vogelgruppen einfahren und die Tiere stören, fördern sie damit das Erstellen weiterer Verbote. Umsicht ist angesagt.
Schutzzonen und Verhaltensweisen am Beispiel Fehmarn:
Wie verschachtelt sich die Situation darstellt, zeigt das Beispiel Fehmarn. Im orange gekennzeichneten Bereich haben wir europäische Vogelschutzgebiete und nationale Vogelschutzgebiete zusammengefasst. Diese überlagern sich teilweise, ergänzen sich aber auch. Dies führt dazu, dass Fehmarn fast komplett von Schutzgebieten gesäumt wird.
1.) Die roten Gebiete sind größtenteils echte Sperrzonen. Wer in die Sperrzonen einfährt, riskiert eine Strafe.
2.) Außerhalb der Sperrzonen sind Windsurfer bis auf wenige Ausnahmen im Vogelschutzgebiet unterwegs. Hier wird dazu geraten, sich an den vom DSV und der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung geschlossenen Vertrag zu halten, der eine freiwillige Beschränkung vorsieht: Größere Vogelansammlungen sollen gemieden werden. Sollte das Konzept der freiwilligen Nutzungseinschränkung nicht funktionieren, drohen Sperrzonen, bzw. Restriktionen.
Die Zukunft: Was tun?
Für die meisten Windsurfer ist ihr Sport ein Individualsport. Gehör beim Gesetzgeber verschafft sich aber nur eine Gruppe effektiv.
Auch wenn ein Beitritt zu einem Verein für viele Windsurfer aus sportlicher Sicht kaum Sinn macht, macht es sehr wohl Sinn darüber den Sport als solchen zu stützen. Der DSV (Deutsche Segler Verband) verfügt unter anderem über einen Justiziar und Gruppen die sich aktiv um den Erhalt des Ausübungsrechtes kümmern. Der Verband hat die Erfahrung und den langen Atem mit dem Gesetzgeber Kompromisse auszuhandeln.
Wer die Lobbyarbeit stützen möchte, sollte darüber nachdenken, sich einem Windsurfclub oder dem Auffangverein des DSV, dem DSWC, anzuchließen. Hier gibt es für den Jahresbeitrag unter anderem auch eine Haftpflichtversicherung für Wassersportler inklusive. Je mehr Windsurfer in diesen Vereinen unter dem DSV organisiert sind, desto stärker ist die Position des DSV gegenüber der Regierung.
10.02.2017 © DAILY DOSE | Text: Christian Tillmanns | Fotos/Grafiken: Christian Tillmanns, Jürgen Schall