Die venezuelanische World Cup Surferin Yoli de Brendt schildert uns ihre Eindrücke ihrer ersten Reise nach Ägypten:
Ich erinnere mich noch an die Nachricht von den Bomben-Attentaten in Dahab im April dieses Jahres. Alle Bedenken, die mir seitdem hin und wieder durch den Kopf gingen, konnten mein Verlangen, die arabische Welt näher kennen zu lernen, jedoch nicht bremsen.
Erste Einblicke in die orientalische Kultur erhielt ich bereits als Kind, wenn ich mit meiner Familie zum arabischen Essen in der Nachbarschaft auf meiner Heimatinsel Margarita eingeladen wurde. Aber erst das Windsurfen gab mir Gelegenheit, die Welt und somit auch ihren arabischen Teil zu entdecken.
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Den Ausschlag für die Reise nach Ägypten gab letztendlich die Einladung an Tom und mich, zur Eröffnung des neu gestalteten Windsurf Centers in Dahab dabei zu sein. Oktober 2006: Nach knapp fünf Stunden Flug nach Sharm El Sheikh, einstündigem Transfer und etlichen Trinkgeldern, erreichten wir den Wüstenort im Golf von Azzalah.
Die Tatsache, dass Sicherheit offensichtlich groß geschrieben wurde - wir mussten mehrere intensive Kontrollen über uns ergehen lassen - und wir unsere komplette Reise mit Andre Paskowski verbrachten, der bereits Dahab-Erfahrung aufwies, ließ die Beklommenheit und Unsicherheit schnell von uns abfallen. Wir fingen an, das magische ägyptische Ambiente zu genießen.
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Bei unserer abendlichen Ankunft wurden wir bereits von der Planet Windsurf und Happy Surf Crew erwartet. Kaum hatten wir die ersten Drinks an der Club Dahab Strandbar bestellt, war ich schon sehr überrascht, wie viele alte Bekannte aus dem Worldcup und anderen Windsurf- Centern dort vor Ort waren.
Wenn jetzt noch der Wind mitspielt, dachte ich, kann einem richtig guten Aufenthalt eigentlich nichts mehr im Wege stehen.
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Aber genau dieser ließ sich zunächst noch Zeit. Am nächsten Tag wehte eine nur leichte Brise, und so erkundete ich erst einmal die verschiedenen Spots, wie der Lagune, Speedy, Baby Bay und Kamikaze.
Feststellen ließ sich dabei zweierlei: Die beiden vorkommenden Riffe ‚Seven Towers’ und ‚Neptun’ liegen recht flach unter der Wasseroberfläche und die Seeigel sind schier monströs im Gegensatz zu unseren heimischen.
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Auch wenn ich nach knapp zwei Monaten mehr oder weniger Surf-Abstinenz auf ausgiebige Trainingszeiten gehofft hatte, verhalf mir der Ort und das Ambiente dazu, den windlosen Tag in vollen Zügen zu genießen.
Natürlich war mir bewusst, dass eine anhaltende Flaute zu etwas Langeweile führen könnte, obwohl die Gegend einiges an Attraktionen zu bieten hat, wie z.B. Sharm El Sheikh, die Beduinen oder den Moses Berg.
Glücklicherweise konnte ich das Rahmenprogramm jedoch erst einmal in den Hinterkopf verbannen, denn es sollte nicht windlos bleiben. Bereits an unserem zweiten Tag im Orient musste ich feststellen, dass ich trotz langer Überlegungen eventuell die falschen Segel eingepackt hatte.
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Das nämlich der Wind auch locker für mein 3,7er Segel reichen könnte, hatte mir im Vorfeld niemand gesagt und die Statistiken sprachen auch nicht unbedingt dafür.
Vor Ort wurde ich dann aber eines Besseren belehrt, und das gerade zwischen August und November der Wind sehr stark über den Sinai fegt, kann ich nach einigen Tagen mit zu viel Druck im mitgebrachten 4,2er sehr wohl bestätigen.
Auf den Wind folgte wieder Flaute. Zeit für Expeditionen, um die beiden Riffe Seven Towers (welches sich zwischen der Lagune und dem Spot Speedy befindet) und Neptun (weitaus größer und zwischen Speedy und Kamikaze gelegen) mit Schnorchel und Flossen bewaffnet zu erkunden.
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Eintauchen in die Welt von Nemo, ein Traum, den ich mir schon immer erfüllen wollte, wobei dieser durch den Beinahe-Kontakt mit einem Feuerfisch fast vorzeitig beendet gewesen wäre. Eine Lektion, die ich nur weitergeben kann: Bestaune die Unterwasserwelt, aber sei vorsichtig mit einer direkten Kontaktaufnahme, wenn dir dein Gegenüber nicht bekannt geschweige denn geheuer ist.
Nach dieser Unterwasser-Session sollte es dann wieder über dem Wasser zur Sache gehen und pünktlich zu unserem 'Improve your Skills' Event am neuen Planet Windsurf Center, weswegen wir eigentlich angereist waren, kam der Wind in bereits bekannter, unverminderter Stärke zurück.
Morgens und nachmittags Theorie- und Praxis-Einheiten mit unseren Gästen und dazwischen trainieren für die kommende Worldcup-Saison - das war mein Plan, und die Bedingungen halfen mir zur perfekten Umsetzung.
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Das Flachwasser in der Baby Bay eignete sich zum Easy Learning und das kabbeligere Wasser am Speedy Spot für das Surfen in schwierigeren Bedingungen.
Was die Arbeit als solches betraf, so stellte sie ein großes Vergnügen für Tom und mich dar. So vielen Leuten verschiedenen Alters die Passion des Windsurfens etwas näher zu bringen, egal ob es sich dabei um das Erlernen neuer Moves oder einfach des Wasserstarts oder sicheren Gleitens handelte, hat uns sehr viel Spaß gemacht.
Und zwischen den Unterrichtseinheiten in der Lagune Dahabs, welche als Lehr-Revier auserkoren wurde, da sich die meisten Windsurfaufsteiger dort am wohlsten und sichersten fühlen, ging es regelmäßig an die Baby Bay oder zu Speedy, um selbst an den eigenen Moves zu arbeiten. |
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Dahab heißt früh aufstehen, wenn man den Tag mit Windsurfen ausfüllen möchte. Die Sonne geht bereits gegen 4:30 Uhr auf. Das ist nicht zu übersehen und je nach Lage des Zimmers zum Wind auch nicht zu überhören, denn jeweils zu Sonnenaufgang und -untergang dröhnen die arabischen Gebete aus den Lautsprechern der Moscheen und es scheint, als würde mit den Gebeten auch der Wind herbeigerufen und wieder abbestellt.
So ist er morgens am stärksten und nimmt gegen Nachmittag stetig wieder ab. Einer Morgen-Session vor den ersten Unterrichtseinheiten stand, außer ein paar physischen Erschöpfungserscheinungen, nie etwas im Wege.
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Aber selbst das geriet beim Cruisen und Freestylen bei konstantem Wind, vor einer atemberaubenden Kulisse der glutrot schimmernden Berge des Sinai, die gewaltig über das türkisblaue Wasser zu ragen schienen, in Vergessenheit.
Ich glaube, ich würde jeden Morgen so beginnen lassen, wenn ich dann nicht so viele andere Länder und Reisen verpassen würde - und auch das Heimweh nach meinem Homespot El Yaque nicht so groß wäre. |
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Die Gestaltung des Abendprogramms war vielfältig und reichte von der Vorführung des eigens für den Event erstellten Video-Clip über einen Ausflug in den alten Ortskern von Dahab sowie einen arabischen Tanzabend.
Besonders letzterer versetzte uns ganz schön in Erstaunen, denn nachdem wir während der Wochentage nicht eine einzige arabische Frau zu sehen bekamen und selbst das komplette Hotelpersonal nur aus Männern bestand, erwarteten wir eine eher konservative Tanzgruppe.
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Mit den arabischen Jungs und Mädels, die sich schließlich sehr wenig konservativ zu sehr feurigen arabischen Rhythmen bewegten und deren Tanz- und Bekleidungsstil eher an ein aktuelles Hip Hop Video auf MTV erinnerte, hatte nun wirklich niemand gerechnet.
Ganz anders unser Ausflug in die Stadt Masbat, der bei einigen Teilnehmern zunächst etwas Unbehagen auslöste, da hier die Anschläge im April passierten. Sehr diskrete Kontrollen alle paar Meter bescherten uns jedoch schnell ein ziemlich starkes Sicherheitsgefühl, so dass wir in aller Ruhe die Cafés und Schischas (die berühmten arabischen Wasserpfeifen, meist mit Apfelgeschmack gereicht) genießen konnten.
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Auch die besondere Freundlichkeit der Araber, sowohl am Strand als auch an den anderen Orten, trug sehr zum Wohlbefinden aller bei und ich bin mir sicher, dass viele von uns dieses Fleckchen Erde nicht zum letzten Mal besucht haben.
Tom und ich kehren auf alle Fälle im kommenden Jahr zurück ins ägyptische Dahab. Sei es einfach, um zu entspannen und trainieren oder für unser Event an gleicher Stelle im September 2007. |
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Nach einer tollen Zeit ging es schließlich zurück zum Flughafen nach Sharm El Sheikh, der gerade stark ausgebaut wird. So waren wir wahrscheinlich einige der Letzten, die noch eingepfercht auf den Check-In warteten, bevor es schließlich in die überfüllte, basarähnliche Abflughalle ging.
Wir empfanden das allerdings nicht als negativ, sondern eher als letzte Möglichkeit, nochmals orientalische Luft zu schnuppern, bevor es für einen kurzen Aufenthalt zurück nach Deutschland ging.
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