UPS und DHL gaben sich Anfang März die Klinke in
die Hand und lieferten im Akkord das neue Material an, blieb die
Frage wohin damit? Während unsere Teamkollegen Denis und Klaus
Südfrankreich
die Treue halten wollten, war relativ schnell eine gute Alternative
gefunden:
Sardinien, zusammen mit Vincent und Thomas.
Definitiv auch ein
Trip für Nostalgiker, denn hinter Mailand zeigt sich Italien seit
Jahrzehnten unverändert. Auf dem Weg durch die Berge zum Mittelmeer
finden sich nach wie vor dieselben, liebevoll eingerichteten Baustellen,
die schon vor 10 Jahren die Streckenführung bereicherten und keine
Langeweile aufkommen lassen.
Leider hatten die Fährpreise etwas
angezogen und so fanden wir uns auf einer
relativ leeren Fähre wieder, lediglich ein Reisebus mit deutschen Rentnern geriet
beim Einlaufen in den Golfo di Aranci vor Olbia bei jeder kleinen Insel in Verzückung,
weil sie eben jede noch so kleine Insel für Korsika hielten...
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Korsika selbst war tatsächlich vom Norden Sardinien
aus bei dem strahlenden Sonnenschein gut zu erkennen, insbesondere
auch der Schnee, der dort noch auf den Bergen lag. Anfang Januar
war der Verkehr auf Sardinien völlig zum Erliegen gekommen, nachdem
es sogar bis an die Strände Schnee gegeben hatte. Deswegen hatten
wir uns auch auf relativ frische Temperaturen eingestellt, und
das Wasser war auch durchaus belebend. Allerdings gab es bei unserer
Ankunft auf der Insel Postkartenwetter, strahlend blauer Himmel
ohne jede Wolke, mit Temperaturen für Shorts und T-Shirt - jedenfalls
tagsüber.
Erster Anlaufpunkt war für uns Porto Pollo im Norden,
bzw. der am westlichen
Ende der Bucht gelegene Porto Liscia. Pünktlich zu unserer Ankunft setzte auch
der Wind ein, und mit 10,9er gut angeblasen ging es dann hinter Lotsen Vincent
kreuz und quer durch die Buchten und Inselwelt der Galura, quasi zum Warmfahren...
Thomas
fügte sich inzwischen auf seiner Vespa in das italienische Inselleben ein und
war bemüht, den Respekt und Anerkennung der örtlichen Dorfeinwohner von San Pasquale
wiederzugewinnen, der nur Langzeiturlaubern, die quasi schon fast eingebürgert
werden durch nicht mehr als ein Kopfnicken des Wirtes beim Bestellen des Cappuccinos
entgegengebracht wird.
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Dem Inselrhythmus hatten wir uns schnell angepasst,
was bedeutete, sich an der Sonne zu orientieren, Also Aufstehen
bei Sonnenaufgang gegen halb 7, und Schlafenszeit gegen spätestens
20:00 Uhr. Das 11er Segel passte im Zweifelsfall immer, während
die Freestyler meist im Stop und Go Verkehr unterwegs waren.
Für uns perfekt, um verschiedene Finnen und Trimmmöglichkeiten
zu testen.
Der erste Flautentag war daher nicht weiter schlimm,
strahlte doch weiterhin die Sonne am wolkenlosen Himmel genug
Möglichkeiten, die Landschaft im Hinterland zu erkunden. Die
beeindruckenden Felsformationen bei Palau, mit einem traumhaften
Blick über das Magdalena Archipel, oder die Tombi di Giganti,
die Gigantengräber im gebirgigen Hinterland, die nur über eng
verwundene Serpentinenstrassen zu erreichen sind, und an denen
man sich bei Sonnenuntergang in der Stille der Landschaft in
der Zeit zurück versetzt fühlt.
Müllsammeln am Strand von Porto
Liscia ist eine weitere Alternative. Unglaublich wie achtlos
vermutlich auch die Einheimischen, dem Müll nach zu urteilen,
mit ihrer Landschaft umgehen, und traurig zu sehen, wie wenig
die Leute sich bemühen,
mit ein wenig Aufwand, alles so zu hinterlassen wie sie es vorgefunden haben.
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Mehr als einen Tag Flaute im Norden wollten
wir uns nicht geben und machten uns klammheimlich auf in Richtung
Südosten. Nach 1,5h Fahrt zeigten Schaumkronen an einem einsamen
Strand südlich von San Theodoro, dass unsere Entscheidung richtig
war. Ziemlich ruppige Bedingungen vor dem mit Pinien bewachsenen
Strand für die Kursrennboards, auf traumhaften Wasserfarben
im Wechselspiel von Sonne und Wolken. Wir hatten die Bucht
für uns allein, also wäre SOS funken sinnlos gewesen, so blieb
nur, hinter Vincent herzufahren und halbwegs den Kurs zu halten.
Nach
einem ziemlich anstrengenden Tag kam dann der nicht ganz einfache
Versuch, eine offene Pizzeria zu finden. Irgendwie
hatte man den Eindruck, Sardinien wäre eine Woche vor Ostern
noch komplett chiuso, geschlossen... Letztlich verhalfen aber
die Ortskenntnisse von Thomas uns einen Ort weiter zu einem
kleinen Laden direkt am Strand, und als einzige Gäste des Abends
sorgten wir für gewaltige Umsatzsteigerungen. Insbesondere
Vincent zeigte, dass er nicht nur auf dem Wasser fix unterwegs
ist, auch seine Zeiten beim Pizza vertilgen dürften rekordverdächtig
sein.
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Auch am nächsten Tag blieb die Bucht unser alleiniger
Spielplatz, allerdings mit noch mehr Wind, der für viele lustige
Abgänge beim Freestyle sorgte. Trotz eines langen Tages auf
dem Wasser starteten wir erneut den Versuch, im nahe gelegenen
Ort eine Pizzeria zu finden. Auch hier zeigten die Italiener
kein Erbarmen mit unseren knurrenden Mägen sondern wiesen auf
die - für unsere Verhältnisse - späten Öffnungszeiten hin,
was für uns eine halbe Stunde Wartezeit bedeutete.
Thomas wurde
von seinem unfehlbaren Spürsinn zum kleinen Metzger und Lebensmittelladen
des Dörfchens geleitet. Der war so begeistert über die unerwartete
Gesellschaft, das er über alle Sprachbarrieren hinweg gleich
den Hauswein und kurz darauf auch den selbstgebrannten Grappa
hinter der Theke hervorzauberte um mit uns Brüderschaft zu
trinken. Das nennen wir Kundenservice!
Die kurzzeitig eingetretene
Flaute - trotz komplett leer geputzter Teller, nutzen Vincent
und ich als Flautenkönige für einen Touritrip zu einer der
beeindruckenden Grotten an der Küste, immer der nicht vorhandenen
Beschilderung nach... und quer durch die Pampa wieder zurück.
Da
trotz aller Beschwörungen dennoch kein Wind einsetzen wollte,
trennten sich kurzzeitig unsere Wege, Vincent fuhr in Richtung
Norden, wo er seine neuen Racesegel direkt an den Strand geliefert
bekam. Ich vertraute auf der Suche nach Wellen in die Prognosen
der lokalen Surfer, die es in Richtung Südwesten zog. Über
den bekannten Wavespot Capo Manu, das allerdings flach wie
ein Ententeich dalag, ging es nach einem langen Abend mit Sarden,
die ich von früheren Aufenthalten kannte, in die äußerste Südspitze
Sardiniens, nach Chia... immer den mit Surfboards beladenen
Autos mit einheimischen Kennzeichen hinterher.
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Auf den Brackwasserseen von Cagliari waren die
dort überwinternden Flamingos durch den zunehmenden Wind stark
gefährdet, weggeblasen zu werden. Und auch die Sonne strahlte
mit den Surfern um die Wette, so dass sich sogar die Einheimischen
im Windschatten der Dünen in Shorts an den Strand wagten.
Wobei
an dieser Stelle kurz darauf hinzuweisen wäre, dass der Unterschied
zwischen einheimischen und "nordeuropäischen" Surfern stets
auf den ersten Blick zu erkennen ist; während unsereins schon
entspannt im Kurzarm auf dem Board steht, ist der sardische
Surfer immer noch damit beschäftigt, sich in die 3te Schicht
Neopreneanzug zwängen, meist noch mit einer Sturmhaube komplettiert...
Aber
in Chia gab es sogar Sarden im Kurzarm auf dem Wasser zu sehen,
und mit unglaublichen Wasserfarben und traumhafter
Kulisse war 5.3 mehr als ausreichend groß für sportliche Betätigung,
während Vinc aus dem Norden zunächst viel Regen und wenig Wind,
und danach noch mehr Regen mit viel Wind vermeldete.
Der einzige
Haken am Trip nach Chia war der Rückweg quer über die Insel,
die Streckenführung auf Sardinien wird nur noch von der (fehlenden)
Beschilderung übertroffen, muss man erlebt haben, sonst glaubt
man es nicht... Allen Widrigkeiten und Schafherden auf der
Autobahn zum Trotz war Rena Maiore, im Nordwesten der Insel
unser Treffpunkt
und Spielplatz für den nächsten Tag. Nette Weißwasserwalzen,
dazu schräg auflandiger Wind und, um den Schwierigkeitsgrad
nochmals zu erhöhen, üppig Felsen entlang des Strandes, also
eher suboptimale Bedingungen, die außer uns auch nur wenige
in Angriff nahmen.
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Zudem wurde unsere Verlustliste täglich länger.
Am Wohnmobil von Thomas hatte bereits in Budoni die Markise ihren
Dienst quittiert, auf dem Weg nach Rena Maiore ereilte die Trittstufe
ein ähnliches Schicksal, wie auch die Bordbatterien. Das Waveboard
von Vincent wurde von einem fröhlich über den Strand fliegenden
italienischen Segel als Landesplatz auserkoren und das Unterwasserschiff
neu gestaltet, was auch unsere Session in Rena Maiore beendete.
Dazu nahm auch der Verbrauch an Voltaren erheblich zu, Knie bei
Vincent, Arm bei mir, was uns aber nicht davon abhielt, uns am
Nachmittag noch in Porto Liscia mit dem Freestyler bis zur Dämmerung
weitere Blessuren zuzufügen.
Da war der nächste sonnige Tag schon
fast ruhig, nur Kursrenner mit dem 11er
Segel, etwas böig, aber immer noch gut genug, um stundenlang durch die Buchten
zu fahren und dabei das neue Material einzustellen, was besonders Vincent scheinbar
ganz gut gelang, jedenfalls fuhr er eindeutig die besten Rundenzeiten des Tages.
Gegen Ende des Trips gab auch Sardinien noch mal wettertechnisch alles und verabschiedete
uns mit grandiosen Sonnenuntergängen... und entgegen unserer Befürchtungen drehte
auch in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Fähre nicht bei, als der Papst
starb. Entsprechend leer und ruhig war Italien auf dem Rückweg.
Bis bald auf
heimischen Gewässer!
Vincent & Chris
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