Ijsselmeer Crossing ::: 16 Seemeilen
von Workum nach Enkhuizen |
Einmal nicht nur im Kreis um die Bojen der Regattabahn
fahren, das war die grundlegende Idee, die sich Klaus Sausen, Chris
Hafer und Denis Standhardt während einer langen Regattasaison im
DWC bildeten. Im Oktober nahm das Projekt Gestalt an - eine Überquerung
des Ijsselmeeres mit Start und Ziel abhängig von den Wetterbedingungen
hatte das Surfteam vom Segelclub Bayer Uerdingen geplant. Nach wiederholten
Studien der Wetterkarten wurde das Wochenende vom 12.-13. Oktober
ins Auge gefasst, um die Long Distance Strecke in Angriff zu nehmen.
Hier folgt der Erlebnisbericht von Denis Standhardt:
Als Treffpunkt war der Workumer Jachthafen 'It Soal' ausgemacht,
Samstag morgens um 9:00 Uhr. Kurz nach fünf reißt mich der
Wecker aus dem Schlaf, der Wagen steht bereits vollgepackt mit Surfmaterial
vor der Haustür. Selbst die A 40 quer durchs Ruhrgebiet ist um diese
Uhrzeit noch menschenleer. Erstes Ziel der Reise war Duisburg, wo
ich Chris abhole. Dem drücke ich als erstes meinen Autoschlüssel
in die Hand und verziehe mich mit Decke und Kissen auf die Rückbank.
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Während der knapp dreistündigen Fahrt mache ich nur
von Zeit zu Zeit die Augen auf, Chris versorgt mich dabei immer
mit den aktuellen Wind- und Temperaturmeldungen. Die sind jeweils
Grund genug, die Augen schnell wieder zu schließen und tiefer unter
die Decke zu kriechen: Am Grenzübergang sind es noch fünf Grad,
bei der Ankunft in Workum zeigt das Thermometer ganze anderthalb
Grad an, also eher wintersportverdächtig. Wenigstens gibt es zumindest
anfangs strahlend blauen Himmel. Der Jachthafen macht allerdings
einen völlig ausgestorbenen Eindruck, angesichts der Temperaturen
wundert uns das nicht.
Kurz nach uns trifft Klaus ein, wegen der langen Anreise aus dem
Schwabenländle noch mit Sehschlitzen statt Augen. Fotograf Holger
Fricke war bereits am Vorabend angereist. Auch die fast 14m lange
Bayer-Jacht 'Oeding' sieht verlassen aus, zumindest von außen. Unter
Deck sitzt jedoch die komplette Mannschaft um Skipper Jürgen Griepernau
gemütlich bei optimal geheizter Kajüte beim Frühstück. Das Team
ist komplett und der warme Kaffee wirkt, so gehen wir die Planung
für den bevorstehenden Trip anhand der aktuellen Windmeldungen zum
letzten mal durch. Von Workum an der Ostseite des Ijsselmeeres,
soll es halbwinds Richtung Enkhuizen auf der Westseite gehen, für
die gut 30 Kilometer plant Skipper Jürgen gute drei Stunden ein.
Die Materialwahl gestaltet sich als Lotteriespiel. Vom Hafen aus
ist das Ijsselmeer nicht zu sehen, der Wind bläst voll ablandig.
Also bleibt uns zur Orientierung nur der Windmesser der 'Oeding'.
Wir entscheiden uns für unsere mittleren Segel. Klaus und Chris
packen ihre 8.1er Racesegel von Gun aus, Prototypen der 2003 Version
des M8. Aufgrund der Bedingungen hatten wir uns gegen Raceboards
entschieden, stattdessen nehmen Klaus und Chris den nagelneuen Hypersonic
von Starboard bzw. den Lorch Silver Breeze 272. Ich nehme meinen
AHD GT 85 und das 8.0 Gaastra GTR.
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Ebenso schwierig wie die Materialwahl sollte der
Start werden, da der Jachthafen nicht wirklich auf Surfer eingestellt
ist. Eine Wiese zum Aufriggen ist zwar vorhanden, allerdings wurde
bei der Planung der passende Sandstrand für den bequemen Einstieg
vergessen. Statt dessen geht es mit einem Hechtsprung samt Material
von der zwei Meter hohen Hafenmauer ins kühle Nass.
Auf Vorwindkurs verlassen wir den Hafen, dicht gefolgt vom Motorboot
mit Joachim Ahrensbeck und Fotograf Holger, sowie der 'Oeding'.
Während die Segelcrew mit dem Setzen der Segel beschäftigt ist,
testen wir unter Land den richtigen Materialtrimm. Chris hatte wohl
die Tücken des Ijsselmeeres vergessen und macht gleich mal die Bekanntschaft
mit einer Sandbank. Nach einem phänomenalen Schleudersturz bei Höchstgeschwindigkeit
liegt er wie ein Krebs auf ebendieser... zum Glück bleibt alles
heil und nachdem Klaus mit Hilfe des vom Motorboot angereichten
Werkzeuges seine Fußschlaufen an seine sensiblen Füßchen angepasst
hat, geht unser Flottenverband auf Kurs Enkhuizen.
Im Flachwasser können wir mit Hilfe des Motorboote unsere Höchstgeschwindigkeit
messen. Über meinen Rekord von konstant 32 Knoten, also fast 60
km/h, sind wir alle ziemlich erstaunt, insbesondere angesichts der
62cm langen Finne. Aber auch die anderen zeigen, was mit modernem
Freerace-Material heute möglich ist.
Bei anfangs vier bis fünf Windstärken und recht flachem Wasser ist
die 'Oeding' deutlich langsamer, ihre Reisegeschwindigkeit liegt
bei acht bis neun Knoten. Also kreisen wir zunächst um das Segelboot,
das Motorboot folgt mit einem kleinem Respektabstand. Als wir aus
der Uferabdeckung von Stavoren kommen, nimmt der Wind deutlich zu
und das Wasser wird unruhiger. Sechs bis sieben Windstärken zeigt
der Windmesser auf der Jacht an, wie wir von Jürgen signalisiert
bekommen.
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Klaus bekommt recht bald deutliche Kontrollprobleme
und fängt daher mitten auf dem Ijsselmeer an, sein Segel neu zu
trimmen, um die Vorlieksspannung und damit die Kontrolle zu erhöhen.
Also Mastverlängerung raus, eine Stufe verlängern und Vorliek zerren,
das alles im Ijsselmeertypischen Kabbelwasser, nicht wirklich einfach
bei fast gefühllosen Fingern. Während der Rest die Fahrt fortsetzt,
bleibt das Motorboot mit Joachim aus Sicherheitsgründen bei Klaus,
bis dieser wieder zu uns aufschließt.
Für optimale Fotos dirigiert uns Holger teilweise sehr nah an die
'Oeding' und auch andere Segelboote heran. Auf sehr engem Raum zu
dritt so nah vor einer großen Yacht in Bug- und Heckwelle zu surfen
ist keine leichte Geschichte. Aber die Eindrücke, die man dabei
sammeln kann, sind gigantisch: Man kann zum Beispiel die große Heckwellen
vom Segelboot runterfahren wie beim Waveriding. Wir vergessen die
kalten Temperaturen und verlieren das Gefühl für die Zeit.
Langsam kommt Land in Sicht und aufgrund der Navigation der Experten
an Bord der 'Oeding' ist es sogar genau der gewünschte Zielhafen
in Enkhuizen. Während Chris und ich dem Segelboot in den stark befahrenen
Hafen folgen, muß Klaus eine Schwimmeinlage einlegen. Aber im Hafen
erwischt es auch uns, da ein etwas größerer Ausflugsdampfer uns
in der engen Einfahrt entgegenkommt. Die plötzliche Windstille in
Lee des Schiffes war zusammen mit der doch ziemlich großen Heckwelle
nicht abzufangen und so testen auch wir noch einmal die Wassertemperatur.
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Auch der Enkhuizener Hafen ist nicht für Surfer ausgelegt,
ein Ausstieg an Land ist nicht möglich. Deshalb müssen wir die Segel
im Hafenbecken abriggen und auf dem Motorboot verstauen. Nach dem
Wechsel in trockene Kleidung wärmen sich alle auf Jacht mit warmer
Suppe und heißem Kaffee auf (an dieser Stelle noch einmal Dank an
den Smutje!).
Die Rückfahrt treten wir in der anbrechenden Dämmerung gemeinsam
auf der 'Oeding' an, für die Nichtsegler unter uns eine tolle Sache.
Einzig Chris, an Segeln gewöhnt, verschläft den größten Teil des
Bootsfahrt, damit für die abendliche Rückfahrt fit ist.
Zurück in Workum werden erst mal die warmen Duschen in Beschlag
genommen, danach gibt's dann als Krönung des Tages noch Spare Rips
'All you can eat'" im Hafenrestaurant, wo wir bereits Pläne für
die nächste gemeinsame Tour schmieden. Warm, satt und etwas erschöpft
nehmen wir Abschied von der Crew , ohne die dieses Abenteuer nicht
möglich gewesen wäre. Daher auch an dieser Stelle noch mal ein großes
Dankeschön für die Unterstützung!
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