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Gaza Surf Club

Wellenreit-Doku im Kino

Gaza Surf Club

Wer im zerbombten Gazastreifen zwischen Israel und Ägypten wohnt, hat schlechte Karten. Kaum einer der Bewohner darf das Gebiet verlassen. Über das Wellenreiten hat sich eine Gruppe von Surfern trotzdem einen Freiraum geschaffen. Der Film "Gaza Surf Club" dokumentiert diese Situation und findet Ende März den Weg in die Kinos.

In dem fast komplett zerbombten und von Embargos in die Zange genommenen Gazastreifen fehlen sowohl grundlegende Privilegien wie die Reisefreiheit, als auch Infrastruktur und Ressourcen. Das Land ist nach Nordkorea eines der am besten abgeriegelten Gebiete der Welt.

„Von der Geburt bis zum Tod gibt es hier keine Hoffnung. Wir haben keine Hoffnung“, sagt der 42-jährige Surfer und Fischer Abu Jayab im Film. In dieser Welt ohne Hoffnung haben sich einige junge Männer und auch einige Mädchen ein Stück Freiheit bewahrt - sie gehen Wellenreiten.

Gaza Surf Club

Genau hier setzt die Doku an. Gaza Surf Club ist einer dieser Filme, die wie ein Sprung in eiskaltes Wasser wirken - sie wecken auf. Im Film geht es nicht um die beste Welle und schon gar nicht um exorbitante Surfkünste.

Der Film zeigt berührende Schicksale, eben ganz normale Menschen, die das Pech haben, nahezu ausweglos zur falschen Zeit am falschen Ort gefangen zu sein. Es sind so essentielle Fragen, die sich hier mit dem Surfen verbinden, dass es Nordeuropäern beim Zuschauen die Kehle zuschnürt.

So durfte Sabah als kleines Mädchen mit ihrem Vater schwimmen und surfen. Ihr Vater ist überaus stolz auf die Surfkünste der Tochter. Jetzt ist Sabah 16 und Schwimmen und Surfen wird öffentlich nicht mehr geduldet, weil sie eine Frau ist. Ihr Vater und die anderen Surfer würden die Frauen gerne auf dem Wasser sehen, aber sich dem öffentlichen Druck zu widersetzen ist schwer.

Und so sehen wir im Film eine junge Frau, die davon träumt zu schwimmen, zu surfen und zu reisen, aber eben diese Sehnsucht nicht leben darf. So ist sie dreifach gefangen. Als Frau in einer religiösen Kultur in ihrem Land.

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Gaza Surf Club
Doch das Surfen hält die Träume am Leben. Ibrahim, ein anderer Hauptprotagonist des Films, würde so gerne ein Praktikum auf Hawaii machen, um danach ein Surfzentrum in Gaza aufzubauen. Das ist aus unserer Sicht ein verständliches, normales Ziel. Von Gaza aus gesehen ist es aber ein nahezu unmögliches und total verrücktes Vorhaben. Fünf Mal wurde sein über Ägypten abgegebenes Visum abgewiesen und am Ende durfte er auch nicht mehr nach Ägypten reisen, um seine Visa-Anträge einzureichen.

Aber dann gibt es auch die Momente der Hoffnung. Sabah wird von ihrem Vater mit einem Boot aufs Meer hinausgefahren und sie kann dort abseits der Öffentlichkeit und der Hafenpolizei im Schlepp hinter dem Boot surfen. Das Kopftuch fällt, die junge Frau lacht. Es ist ein Moment gestohlener Freiheit, der berührt. Und auch Ibrahim bekommt eine gute Nachricht...
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„Wir warten auf eine Welle, die die Welt erschüttert und die Wolke der Sorgen anhebt. Wir warten auf die Welle an jedem Tag. Wir halten ihn fest den Traum“, wird gegen Ende des Films gesungen.

Und das sind hier nicht nur leere Worte. Bei all dem Warten hilft das Wellenreiten den Menschen ein wenig Freiheit zu atmen. Und dann sind vielleicht irgendwann die Embargos und der Krieg zu Ende.

Fazit: Der 87 Minuten lange Film zeigt die Menschen aus Gaza so normal und nahbar, wie wir sie vorher wohl noch nie sehen durften. Für viele Menschen bedeutet Wellenreiten Freiheit, für die Surfer in Gaza aber in einer ganz anderen Dimension. Der Film ist kein Hollywood Kino, sondern eine langsame, behutsam aufgebaute Doku und absolut sehenswert. Gaza Surf Club wird ab 30. März im Kino zu sehen sein.

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