Canotypie mit einem Windsurfer

Cyanotypie - Eisenblaudruck mit Windsurfmotiven

Wer einen besonderen Moment auf einem Foto festgehalten hat, kann mithilfe einer Cyanotypie diesen Moment als Unikat auf einen (fast) beliebigen Untergrund bringen.

Die Aufmerksamkeitsspanne beträgt heute in den Sozialen Medien nur wenige Sekunden. Bild nach Bild wird weitergewischt. So fesselnd dieser Überfluss an schönen Bildern sein kann, so beliebig werden diese Bilder in der Masse. Und schon steht in vielen Apps künstliche Intelligenz bereit, um selbst den banalsten Moment ganz automatisch optisch aufzupolieren.

Wer etwas Handarbeit nicht scheut, kann als Kontrapunkt dazu auch heute noch mit einem der ersten fotografischen Verfahren aus den 1840er Jahren herausragende Momente in absolut einzigartiger Weise auf Papier (oder Holz oder Stoff) bringen. Der Eisenblaudruck wurde von John Herschel entwickelt fand noch lange nach der Verwendung in der Fotografie zum Beispiel beim Kopieren von Architekturplänen Verwendung. Die Blaupause ist sicher einigen noch als Begriff geläufig.

So geht es:
Bei einer Cyanotypie wird ein Untergrund mit einer lichtempfindlichen Flüssigkeit beschichtet und dann getrocknet. Dann wird ein Negativ direkt auf das so hergestellte Fotopapier gelegt und in praller Sonne belichtet. Um diese Kontaktkopie zu belichten sind UV-Strahlen notwendig. Bei normaler Zimmerbeleuchtung gelingt die Belichtung kaum, da die UV-Strahlung sehr gering ist. Etwa acht Minuten braucht es, bis das Bild in praller Sonne ausentwickelt ist. Diese Zeit kann variieren. Ihr seht es aber, wenn das Bild blau genug ist und könnt nach Bedarf die Zeit verlängern oder verkürzen. Danach wird nur noch Wasser zum Auswaschen benötigt. Der Prozess ist recht einfach, dennoch ist hier eine Warnung notwendig.

Warnung:
Zwar werden Cyanotypien auch manchmal im Schulunterricht hergestellt, ganz ungefährlich ist der Prozess dennoch nicht. Schutzbrille, Küchenhandschuhe und eine Atemschutzmaske gegen Staub oder Spritzer (z.B. FFP2) sollte beim Hantieren mit Chemikalien getragen werden. Chemikalien als Pulver sollten behutsam umgefüllt werden, damit es nicht staubt. Der Umgang mit der Chemie sollte nicht in einem Raum stattfinden, in dem Nahrungsmittel aufbereitet werden oder sich dort befinden oder dort verzehrt werden. Chemikalien sollten sicher und unerreichbar für Kinder aufbewahrt werden. Die Chemie sollte unverwechelbar gekennzeichnet sein. Der Arbeitsplatz und die Geräte sollte anschließend gereinigt werden. Küchenhandschuhe und Schwamm sollten nur für diese Zwecke genutzt werden und selbstverständlich später nicht mehr für andere Zwecke Verwendung finden. Das hier verwendete Kaliumhexacyanoferrat III sollte auf gar keinem Fall mit einer Säure in Kontakt kommen, denn bei dieser Kombination kann die hochgiftige Blausäure entstehen!

Wer die Herstellung scheut, kann im Versandhandel entweder fertige Lösungen oder bereits beschichtete Papiere bestellen. Das ist allerdings weniger spannend und auch erheblich teurer.

Einkaufsliste:

  • Ammoniumeisen III Citrat grün (Versandhandel)
  • Kaliumhexacyanoferrat III (Versandhandel)
    Bei den beiden Chemikalien reichen je ca 100 Gramm. Manchmal bieten die Händler andere Größen an.
  • 2 dunkle Weithalsflaschen zu je 500 ml Fassungsvermögen (Versandhandel)
  • Messbecher
  • destilliertes Wasser (Supermarkt)
  • Haushaltsfeinwaage, die Gramm abwiegen kann
  • Foto-Druckerpapier für Inkjets. Dieses "Papier" werden wir anders verwenden, als vom Hersteller gedacht. Es besteht meist aus Kunststoff plus einer Schicht, die Feuchtigkeit sehr gut aufnehmen kann. Diese Papiere können sehr gut mit unserer lichtempfindlichen Emulsion beschichtet und danach mit Wasser abgespült werden, ohne sich aufzulösen.
  • Overhead-Folie für Tinten- oder Laserdrucker (je nachdem welcher Drucker euch zur Verfügung steht)
  • Küchenhandschuhe
  • Schutzbrille
  • Mund-Nase Schutz, z.B. FFP2 Maske
  • Föhn

Cyanotypie Anleitung - Ein Negativ wird mit Overheadfolie hergestellt
Aus einem farbigen Bild wird zunächst am Computer eine schwarz-weiße Version generiert. Danach wird das Bild invertiert (Negativ). Dann wird das Negativ auf Overheadfolie ausgedruckt.

Ein Negativ herstellen
Am Computer wird euer Lieblingsbild in ein Schwarzweißbild umgewandelt. Dann wird dieses Bild invertiert. Dieses Negativ wird mit einem Tintenstrahl- oder Laserdrucker in der benötigten Größe auf eine geeignete Overheadfolie gedruckt und zwar in der Größe, in der es Hinterher Verwendung findet. (1:1 Kopie)

Die Fotochemie selber herstellen
50 Gramm Ammoniumeisen III Citrat grün werden in die erste Flasche gefüllt. Mit 500 Milliliter (destilliertem) Wasser auffüllen, verschließen, schütteln, damit sich das Pulver und das Wasser vermischen. Die Dose labeln. Dann 20 Gramm Kaliumhexacyanoferrat III in die zweite Flsche füllen. Mit 500 Milliliter (destilliertem) Wasser auffüllen, verschließen, schütteln, damit sich das Pulver und das Wasser vermischen. Die Dose labeln.
Beide Flüssigkeiten sind für sich genommen nicht lichtempfindlich.

Fotosensitive Lösung herstellen (Raum so weit abgedunkelt, dass man gerade noch sieht, was man macht.)
Ca. 25 Milliliter von jeder der im vorigen Schritt hergestellten Lösung enwerden in einen Behälter geschüttet und vermischt. Damit ist die lichtempfindliche Flüssigkeit für das Verfahren hergestellt. Diese Flüssigkeit sollte nicht im Hellen stehen, da sie dann belichtet und unbrauchbar wird.

Fotopapier beschichten (Raum so weit abgedunkelt, dass man gerade noch sieht, was man macht.)
Das Druckerpapier (oder Stoff oder Holz) mit einem Haushaltsschwamm oder einem Pinsel dünn mit der fotosenistiven Lösung bestrichen. Mit einem Fön das Papier bzw. den Untergrund trocknen. Den Vorgang sollte man bis zu fünf Mal wiederholen.

Cyanotypie Anleitung
Ein Sandwich aus Pappe oder Holz, Fotopapier, Negativ und einer Glasplatte für ein gleichmäßig aufliegendes Negativ wird in praller Sonne belichtet. Das Bild verfärbt sich zunehmend blau. Nach der Belichtung wird das Bild gewässert. Die nicht belichtete Chemie wird dabei ausgewaschen und das Bild so konserviert. Die blauen Partien sind wasserfest.

Bild zur Belichtung vorbereiten
Das so hergestellte Fotopapier auf ein Brett oder auf Pappe legen, das Negativ wird direkt darauf aufgelegt. Darüber kommt im Idealfall eine Glasscheibe. Diese sorgt dafür, dass das Negativ direkt und flach auf der der lichtempfindlichen Schicht liegt. Ein nicht direkt aufliegendes Negativ wird nicht scharf abgebildet.

Belichten
Mit eurem Sandwich aus Holz oder Pappe, Fotopapier, Negativ und Glassscheibe geht ihr nach draußen und legt es direkt in die pralle Sonne. Etwa acht Minuten reichen meist aus. Bei wolkigem Himmel dauert die Belichtung länger.

Auswaschen
Wenn das Bild blau genug ist, wascht ihr zum Beisipiel in einem Eimer das Bild mit Leitungswasser aus. Die Dauer des Auswaschens ist je nach Bildträger variabel. Sinn des Auswaschens ist es, die noch nicht belichteten Teile des Bildes von der lichtempfindlichen Chemie zu befreien. Die blauen Teilbereiche sind (ziemlich) wasserfest. Danach ist das Bild fertig. Die Dauer des Auswaschens hängt stark vom verwendeten Trägermaterial ab. Hier muss experimentiert werden. Fortgeschrittene nutzen bei diesem Schritt eine 3%ige Wasserstoffperoxidlösung, um das Blau zu intensivieren und den Kontrast zu erhöhen. Dieser Schritt haben wir hier ausgelassen.

Cyanotypie
Je gleichmäßiger der Untergrund mit der lichtempfindlichen Emulsion beschichtet wird, desto gleichmäßiger ist das Resultat. Man kann hier selber entscheiden, wie verfremdet das Bild später aussehen soll.

Um das Bild zu konservieren, kann es hinter UV-absorbierendem Glas präsentiert werden. Fällt viel Licht auf die hellen Bereiche, kann es auch im Nachhiein noch zu einer leichten Gelb-oder Blaufärbung kommen.

08.04.2021 © DAILY DOSE  |  Text: Christian Tillmanns  |  Fotos/Grafiken: Christian Tillmanns, Gunsails