German Kitesurf Tour Neuhaus 2001 |
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In Neuhaus sollten fast 40 Wettbewerber
zeigen, wie hoch derzeit die Meßlatte im Fahrkönnen liegt.
Doch schon das Training in den vorangegangenen Tagen gestaltete
sich aufgrund ungünstiger Windverhältnisse schwierig: Donnerstags
gab es z.B. sideoffshore Wind mit sechser Böen - bei zeitweiliger
Windstille.
Am ersten Wettkampftag kletterte der Windmesser auf der Düne leider
nur bis 5 m/s - das war selbst für große Kites zu wenig.
Attraktion des Tages: Ein Fahrer demonstrierte mit einer speziellen
Doppeldecker-Konstruktion aus zwei 11 qm Kites, dass man sogar bei
dieser schwachen Brise zumindest ins Gleiten kam.
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Für eine etwas andere Abwechslung sorgte Alex Nassiri: Auf Anregung
der Veranstalter zog er seinen Kite hoch und ließ sich an einer
20 m langen Leine von einem Jetski in die Luft befördern. Der
Jetskifahrer fuhr mit Vollgas los und Alex wurde förmlich
in die Luft katapultiert.
Fest mit der Leine des Jetskis verknotet blieb ihm wegen dem
enormen Zug keine andere Wahl, als loszulassen und von über
10 Metern Höhe in das flache Wasser zu stürzen. Glücklicherweise
verletzte er sich nicht, obwohl er Grundkontakt hatte.
Leider gab es auch am Sonntag nicht den erwarteten Wind, dafür
regnete es ab mittags in Strömen.
Daily Dose hat drei Teilnehmer über Themen ausgefragt, die
viele Leser mit Interesse an diesem neuen Sport schon lange wissen
wollten:
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Erik Seifert |
Hallo Erik, wir
kennen uns vom gemeinsamen Windsurfen in Kapstadt. Drei Jahre später
treffe ich Dich hier zum Kitecontest. Wie lange bist Du nun schon
mit dem Drachen auf dem Wasser unterwegs?
Vor eineinhalb Jahren habe ich, ohne irgendwelche Ahnung, wie das
funktionieren könnte, angefangen. Ich bestellte mir einfach einen
Kite, ohne zu wissen, welche Größe für den Anfang richtig ist, wählte
einen 5.0, montierte meinem Wellenreiter ein paar Fußschlaufen drauf
und probierte es dann in Portugal einfach mal aus. Das ging nur
mäßig und ich hatte Glück, dass ich mich nur selber verletzte und
niemand Unbeteiligten - ich hatte genügend Platz und der Kite passte
perfekt für die Windbedingungen. Diese Methode würde ich aber keinesfalls
empfehlen - das Risiko ist groß und die Enttäuschung vorprogrammiert.
Heutzutage ist das absolut nicht mehr notwendig, es gibt genügend
Schulen mit entsprechendem Know-how. Ich kenne tatsächlich niemanden,
der als Autodidakt keine bösen Erfahrungen gemacht hat.
Nun kommst du ja aus der Windsurfszene und bist
somit ein Quereinsteiger in dieser neuen Trendsportart. Oft werden
Vergleiche zwischen Wind- und Kitesurfen gemacht, mit dem Fazit,
dass es bis auf Wasser und Wind keine gemeinsamen Nenner gibt. Wie
beurteilst Du diese beiden Sportarten im Vergleich?
Also bei mir ist das so, dass ich seit dem Einstieg ins Kiten kaum
noch aufs Windsurfboard gekommen bin, bzw. kommen wollte. Kitesurfen
hat doch schon einige Komponenten des Windsurfens und es geht ja
eigentlich auch um Wind und Wasser und wenn man sich da schon zu
Hause fühlt, wird man schnell beim Kiten einsteigen können und Fortschritte
machen. Grundsätzlich kann es natürlich jeder lernen, doch als Windsurfer
geht man mit beiden Elementen schon mal instinktiv besser um. Für
mich ist Kitesurfen eine perfekte Ergänzung zum Windsurfen bzw.
umgekehrt, da ich bei schwachem Wind und flachen Wasser mit Brett
und Segel nicht allzu viel anfangen kann und es am Drachen schon
voll abgeht.
Du hattest schon kurz das Thema Schulung angerissen.
Sag uns doch noch mal kurz, welche Form Du einem Windsurfer empfehlen
würdest!
Eine Kurs von etwa 10 Stunden ist schon ausreichend, doch sollte
man auf den Ausbildungsstandard und die Qualifikation des Lehrers
achten, denn da trennt sich bei dem großen Angebot an Schulen die
Spreu vom Weizen.
Du bist ja nun recht neu im Sport und startest
schon jetzt im Contest. Wie beurteilst Du die Chancen für Newcomer,
schnell in einem hohen Level mitzufahren und gar an Wettbewerben
teilzunehmen?
Man muss das schon differenzierter betrachten: Natürlich
ist man schneller über die ersten Hürden hinweg und erreicht doch
recht schnell ein ziemlich hohes Niveau, doch muss man viel, viel
üben. Nach etwa 40-60 Stunden ist man z.B. gerade erst mal in der
Lage, sicher zu gleiten und Höhe zu halten. Zum Windsurfen muss
man erst Brettsegeln erlernen, später erfährt man dann erst das
Gleiten. Beim Kiten gibt es keine Vorstufe: Entweder Schwimmen oder
Abdüsen! Ich vergleiche das auch gerne mit den beiden großen
Wintersportarten: Skifahren lernt man bei weitem nicht so schnell,
wie die ersten Schwünge auf dem Snowboard. Grundvoraussetzung ist
also, sich im Wasser wohlzufühlen und nicht zu erwarten, sofort
Erfolgserlebnisse zu haben.
Wie sind Deine Wettkampferfahrungen bis jetzt
und wo würdest Du Dich im Ranking selbst platzieren?
Es ist mein erster Start, trotzdem sehe ich mein Können hier im
Mittelfeld. Natürlich sind einige am Start, die nichts anderes machen
und das ganze Jahr Wind und schönem Wetter hinterher reisen. In
den Vorrunden der vergangenen Tage konnte ich sehen, dass einige
mit ihrem Fahrkönnen einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht haben.
Deshalb strebe ich auch nicht den Sieg an, sondern möchte sehen,
wo ich mit meinem Stil stehe und habe sehr viel Spaß am mitmischen.
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Du hast Dir im Deutschen Windsurfcup
und bei verschiedenen internationalen Veranstaltungen bereits einen
Namen als einer der innovativsten deutschen Windsurfer gemacht und
bist so auch von dieser Sportart aus zum Kiten gekommen. Wo sind
für Dich die großen Unterschiede, wenn man überhaupt Vergleiche
anstellen kann?
Klar - beim Kitesurfen ist das Windlimit wesentlich weiter unten
und schon bei für Windsurfen uninteressanten Bedingungen gibt es
hier richtig Action! Ich meine auch, dass beide Wassersportarten
gänzlich andere Wurzeln haben und erfahre ähnliches beim ständigen
Pro und Contra zwischen Wellenreiten und Windsurfen - auch hier
ist ein objektives Vergleichen nicht möglich. Es gibt eben geile
Kitesurf-, super Windsurf- und eben die richtigen Wellenreittage!
Wo siehst Du für Deine Boardzukunft Dein Hauptbetätigungsfeld:
Segel oder Drachen?
Ich möchte mich da generell gar nicht entscheiden, zumal ich ja
auch begeisterter Wellenreiter bin und kann nur noch mal bekräftigen:
Es sind die jeweiligen Bedingungen, die für mich den richtigen Sport
möglich machen. Es gibt immer irgendwie perfekte Tage, mal zum Grillen
und mal, um Kerzen auf den Tisch zu stellen!
Für den Einstieg wird ja immer wieder eine Schulung
ultimativ empfohlen - wie sieht es bei Dir aus, hast Du mal einen
Kurs gemacht?
Eigentlich nicht wirklich. Ich hatte zwei Freunde, die schon sehr
lange mit Buggy und Kite unterwegs waren. Sie haben mir die Grundregeln
zum Umgang mit dem Fluggerät mit auf den Weg gegeben. So habe ich
erst mal den Lenkdrachen am Land kennengelernt und später an einem
einsamen Strand, ohne Gefährdung anderer, meine ersten Erfahrungen
im Wasser gemacht. Jetzt würde ich aber trotzdem jedem Einsteiger
empfehlen, eine ordentliche Schulung zu machen: Das spart viel Ärger,
Geld und birgt weniger Risiko.
Welche Rolle wird Kitesurfen in der Zukunft
einnehmen, für Dich aus Sicht eines Windsurfers?
Ich meine, Kitesurfen ist die perfekte Alternative für viele Windsurfer,
die bei Leichtwind oder/und fehlenden Wellen frustriert sind. Bei
Starkwind werden dann die meisten aber immer lieber an der Gabel,
als an der Bar reißen.
Als Windsurfer kannst Du ja schon auf eine lange
und erfolgreiche Regattalaufbahn zurückblicken. Wie sieht das beim
Kiten aus, mischst Du auch hier schon vorne mit und wie siehst Du
Deine Chancen für diese Veranstaltung?
Es ist bereits mein fünfter Contest. Ich weiß aber nicht, wo ich
mich mit meinen Fahrleistungen genau ansiedeln soll, doch hilft
mir ganz sicher meine Wettkampferfahrung vom Windsurfen, denn am
Anfang gibt es immer viele Dinge, die man im Heat falsch macht,
über die man sich im Nachhinein ärgert. Schnell ist dann Resignation
da und man hört Leute schimpfen, dass Wettbewerbe eh nichts taugen,
um tatsächliches Können zu zeigen. Ich meine, man sollte das Mitmachen
und den Spaß am Vergleich in den Vordergrund stellen, dann stimmt
die Chemie von alleine. Ich möchte natürlich gut abschneiden und
werde sehen für was es reicht.
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Henning Nockel |
Bastian Lange |
Im Vorgespräch hattest
Du mir schon erzählt, dass Du nicht vom Windsurfen gekommen bist,
wo liegen Deine Wurzeln?
Wellenreiten, Snow-, Wake- und Skateboarden war meine Basis, um
in den Sport zu kommen.
Wie siehst Du Windsurfen als eingefleischter
Kiter?
Das ist sicher ebenfalls eine recht interessante Sache, aber wird
in meiner sportlichen Zukunft eher keine Rolle spielen. Ich denke,
ich kann alle Bedingungen mit dem Kite abzudecken und so ist da
gar keine Notwendigkeit.
Wie siehst Du die Notwendigkeit einer Schulung,
vor allem, wenn noch gar keine Erfahrungen mit dem Kite oder dem
Brett, in welcher Form auch immer, gemacht wurden?
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass ein Kurs unerlässlich ist. Man
lernt so den sicheren Umgang mit dem Schirm und erste Erfolgserlebnisse
werden sich schneller einstellen.
Als Shootingstar der Szene bist Du in Wilhelmshaven
Zweiter geworden und hast sehr gute Leute hinter Dir gelassen. Wann
hast Du mit diesem Sport begonnen und welche Wettkampferfahrungen
bringst Du mit?
Seit zweieinhalb Jahren fliege ich mein Board und im letzten Jahr
bin ich die Contests mitgefahren, jedoch noch ohne nennenswerte
Ergebnisse.
Welches ist Dein Lieblingsmanöver?
Ja, der Seventwenty ganz sicher!
Wie viel Spaß bringt es, plötzlich erfolgreich
zu sein und zu sehen, wie das bei den anderen Leuten ankommt!
Ja, klar macht das Spaß und man wird so gepuscht, noch besser zu
werden.
Wie ist die Resonanz der Mitbewerber hier, nachdem
Du so überraschend Zweiter geworden bist; wie kommen die Leute auf
Dich zu und wie sieht es mit möglichen Sponsoringgeschichten aus?
Das Feedback ist natürlich sehr gut, doch konkrete Sponsoringverträge
gibt es noch nicht.
Welche Kitealternativen spielen für Dich konkret
eine Rolle - im Winter hat man z.B. schon Leute beobachtet, die
mit Drachen und Snowboard unterwegs waren?
Buggy, also dieser dreirädrige Wagen, ist ein schöner Ausgleich,
so bin ich eigentlich auch zum Kitesurfen gekommen.
Ist das aus Deiner Sicht ein empfehlenswerter
Weg, über den Buggy zum Kiteboard zu kommen?
Für den Umgang mit dem Drachen ja, doch sollte man auch z.B. auf
einer Wasserskianlage etwas Wakeboarden üben.
Als Kiteboarder ist der Platzbedarf am Spot
nicht unerheblich. Wie siehst Du die Verantwortung gegenüber Surfern
und Windsurfern?
Meine Empfehlung ist, dass Kiter an den Spots unter sich bleiben,
so wie das auf Maui, Tarifa oder Südafrika schon erfolgreich praktiziert
wird. Alle zusammen auf dem Wasser ergibt Chaos und Streit. Auch
Anfänger sollten keinesfalls in einem Revier starten, wo viele andere
Wassersportler unterwegs sind, da das Gefahrenpotential wesentlich
größer ist.
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