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Sibirien

Bis jetzt ist Sibririen ja ein bisschen anders als erwartet: Sollte es hier nicht elend kalt sein, ewiger Winter und so? Die Antwort darauf bekomme ich heute nachmittag - Sascha zeigt mir ihren sibirischen Kühlschrank, selbstgebaut in fünf Minuten, ökologisch, stromlos und fünf Grad kalt.

Sie führt mich ein paar Meter vom Lager am Strand weg, hier ist Steppe und Gras und ich ich soll aufpassen wo ich hintrete. Plötzlich lacht sie los, hält mich fest und erklärt mir, dass ich beinahe in ihren Kühlschrank getreten wäre. Direkt vor meinen Füßen packt sie das Gras und hebt es wie einen Deckel hoch - vor uns liegt ein sauberes, kreisrundes Loch, gefüllt mit Wasser und Vorräten in Plastiktüten.

Der Permafrost macht’s möglich, nur wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche ist es hier eiskalt, und das Grundwasser hat 20 Grad weniger als die Lufttemperatur.

Am nächsten Tag ist Wind und es geht endlich aufs Wasser, juhu! Wenn ich ohne Brett reisen muss, nehme ich immer meine Freestylefinnen mit, eine US-Box und eine Powerbox-Version. Das habe ich mir vor ein paar Jahren angewöhnt, so lässt sich eigentlich fast jedes Board irgendwie fahrtauglich machen. Ich finde ein 98-Liter-Starboard und ein 5.3er Segel und los geht’s. Der Wind ist ein bisschen lau, aber konstant - das Wasser ist glatt und warm. Es sind wirklich gute Freestyle-Bedingungen und die Jungs auf der Sandbank fragen mir 4 Stunden lang ein Loch in den Bauch, was man als nächstes lernen könnte.



Sibirien

Der Wind dreht in den nächsten Tagen und ist in Wirklichkeit die Ankündigung vom Herbst - die Temperaturen sinken jetzt innerhalb von zwei Tagen um 15 Grad, trotz bestem Wetter. Der neue Wind, der aus den Bergen kommt, ist eiskalt und lässt dich ahnen, wie es wohl im Winter sein kann.

Wir packen unser Lager nach ein paar Tagen zusammen und fahren den Baikalsee entlang, wo Ilyas Familie ein Blockhaus hat. Es werden alle Verwandten angerufen und ruckzuck ist das Haus überbelegt. Es ist laut und lustig und es gibt Fisch, Tee und Vodka.

Am nächsten Morgen schmeißt Leila, die üppig geformte Mitfünfzigerin, um neun Uhr morgens die Karaokemaschine an, fährt die Lautstärke auf 120% und schmettert russische Volkslieder, während alle anderen frühstücken.

Dazu gibt es übrigens keinen Fisch, sondern meistens Kascha, einen warmern gekochten Brei aus Haferflocken oder Gries.

Ich persönlich brauche ja irgendwie Wurst zum Frühstück, das haben auch alle sofort bemerkt. "Heute ist doch gar kein Sonntag," ärgern sie mich und geben mir den Spitznamen Kalbassnik.

Kalbassa ist das russische Wort für Wurst, und "nik" eine Verniedlichungsform für Jemanden, der etwas macht.

So wie ein SputNIK zum Beispiel ein Dings ist, das schnell im Kreis fliegt. Chai heißt Tee und Teekessel... richtig: ChaiNik natürlich.



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